Samstag, 1. Dezember 2012

Rilke: Müde Rosen im Haar

Weißt du, daß ich dir müde Rosen flechte
Rainer Maria Rilke (1897)

Müde Rosen auf dem Tisch – Foto: Dirk Rühaak



Weißt du, daß ich dir müde Rosen flechte
ins Haar, das leis ein weher Wind bewegt -
Siehst du den Mond wie eine silberechte
Merkmünze, und dein Bild ist eingeprägt:
ein Weib, das lächelnd dunkle Dornen trägt -
Das ist das Zeichen toter Liebesnächte.

Fühlst du die Rosen auf der Stirne sterben?
Und jede läßt die Schwester schauernd los
und muß allein verdarben und verderben,
und alle fallen fahl in deinen Schoß.
Dort sind sie tot. Ihr Leid war leis und groß.
Komm in die Nacht. Und wir sind Rosenerben.



Wenn ihr das Gedicht verstanden habt, bitte schreibt mir eine E-Mail und erklärt es mir. ;) Wie das in der Lyrik so ist, versteht nämlich auch ein Muttersprachler nicht immer alles, nicht einmal alle Wörter! *schluchz*
Aber lasst euch zumindest gesagt sein, dass Rainer Maria Rilke in Deutschland den meisten Menschen ein Begriff ist, und dass er viele schöne Worte zu Papier gebracht hat. Es gibt ein Buch mit Briefen von ihm, das ich euch sehr empfehlen kann (und welches leichter verständlich als obiges Gedicht ist): Es heißt "Briefe an einen jungen Dichter".

PS: Ich habe auch schon ein anderes bekanntes Gedicht von Rilke gepostet: Der Panther

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flechten: lange Haare kann man zu einem Zopf flechten; (to plait)

einprägen: z. B. in Metall ein Relief hinterlassen; (to emboss)

Weib, das: früher: Frau; heute abwertend für: Frau; (woman, now pejorative)

Dorn, der: am Stiel von Rosen die Stachel, an denen man sich sticht; (spine)

Stirn(e), die: der Teil des Gesichts über den Augenbrauen; (forehead)

schauernd: zitternd (z. B. vor Angst, Kälte); (shivery)

verderben: schlecht werden (z. B. Essen, Menschen); (to decay)

fahl: bleich, weiß im Gesicht; (wan)

Erbe, der: jemand, der die Besitztümer von Verstorbenen bekommt; (inheritor)

Lyrik, die: Bereich der Literatur, in dem es um Gedichte geht; (lyric)

schluchzen: weinen; (sob)

jdm. ein Begriff sein: bekannt sein bei jdm.; (to be well known)

obig: das oben; (above)