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Samstag, 13. Oktober 2012

Hinter den sieben Wortbergen

Ich stelle vor: Der Blindtext. Während ein jeder Autor danach trachtet, Inhalt transportierende Texte zu verfassen, versucht der Blindtext-Autor das genaue Gegenteil: Einen Text zu erstellen, der so uninteressant wie möglich ist.




Wenn er dafür nicht gerade unverständliche Buchstabenansammlungen à la "Lorem ipsum" benutzt, scheitert der Blindtext-Autor jedoch häufig in seinem bescheidenen Vorhaben, wie in folgendem Beispiel nachzulesen:



"Weit hinten, hinter den Wortbergen, fern der Länder Vokalien und Konsonantien leben die Blindtexte. Abgeschieden wohnen Sie in Buchstabhausen an der Küste des Semantik, eines großen Sprachozeans. Ein kleines Bächlein namens Duden fließt durch ihren Ort und versorgt sie mit den nötigen Regelialien. Es ist ein paradiesmatisches Land, in dem einem gebratene Satzteile in den Mund fliegen. Nicht einmal von der allmächtigen Interpunktion werden die Blindtexte beherrscht – ein geradezu unorthographisches Leben. Eines Tages aber beschloss eine kleine Zeile Blindtext, ihr Name war Lorem Ipsum, hinauszugehen in die weite Grammatik. Der große Oxmox riet ihr davon ab, da es dort wimmele von bösen Kommata, wilden Fragezeichen und hinterhältigen Semikoli, doch das Blindtextchen ließ sich nicht beirren. Es packte seine sieben Versalien, schob sich sein Initial in den Gürtel und machte sich auf den Weg. Als es die ersten Hügel des Kursivgebirges erklommen hatte, warf es einen letzten Blick zurück auf die Skyline seiner Heimatstadt Buchstabhausen, die Headline von Alphabetdorf und die Subline seiner eigenen Straße, der Zeilengasse. Wehmütig lief ihm eine rhetorische Frage über die Wange, dann setzte es seinen Weg fort. Unterwegs traf es eine Copy. Die Copy warnte das Blindtextchen, da, wo sie herkäme, wäre sie..."



Aufgabe: Sucht mal die Wörter und Formulierungen heraus, die der Autor erfunden hat und überlegt, auf welche Wörter oder Hintergründe er eine Anspielung macht bzw. welches Wort darin steckt.


Lösungsvorschlag mit meinen bescheidenen Kenntnissen:

Vokalien -> der Vokal
Konsonantien -> der Konsonant
Buchstabhausen -> der Buchstabe
Regelialien -> die Regeln
paradiesmatisch -> das Paradies, paradigmatisch
gebratene Satzteile -> gebratene Tauben (-> Schlaraffenland)
unorthographisch -> die Orthografie (= Rechtschreibung), unorthodox
hinausgehen in die weite Grammatik -> hinausgehen in die weite Welt
packte seine sieben Versalien -> packte seine Siebensachen
sein Initial in den Gürtel schieben -> sein Schwert o. ä. in den Gürtel schieben
Kursivgebirge -> kursiv
Headline, Subline -> Skyline, Überschrift, Unterüberschrift
Alphabetdorf -> das Alphabet
Zeilengasse -> die Zeile
eine rhetorische Frage über die Wange laufen -> eine Träne über die Wange laufen


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(nach etw.) trachten: etwas anstreben, erreichen wollen; (to strive after/for)

Ansammlung, die: Häufung; (accumulation)

jedoch: allerdings; (though)

bescheiden: mit geringem Anspruch, mit wenig zufrieden sein; (modest)

Vorhaben: Plan; (undertaking)

abgeschieden: alleine, fern von anderen Menschen; (isolated)

Bächlein, das: kleiner Bach; (rill)

Bach, der: klitzekleiner Fluss; (brook)

wimmeln von: sehr voll sein von; (to teem with)

hinterhältig: harmlos tun, aber Böses planen; (perfidious)

beirren: einschüchtern, verunsichern; (dissuade, sway)

erklimmen: einen Gipfel (vom Berg) erreichen; (to crest)

wehmütig: melancholisch, traurig; (melancoly)

rhetorische Frage: Frage, auf die man keine Antwort erwartet; (rhetorical question)