Montag, 25. Februar 2013

Ganz von Sinnen

Man mag streiten, wie viele Sinne der Mensch hat. Je nach Definition zählt man zu den fünf uns allen bekannten Sinnen (Riechen, Schmecken, Hören, Sehen, Fühlen) noch den Temperatursinn, den Gleichgewichtssinn, den Sinn für Schmerz und das Körperempfinden. Im Volksmund taucht auch oft der "sechste Sinn" auf, womit nichts geringeres als die Intuition gemeint ist. Da das Thema "Sinne" also offensichtlich ganz schön umfangreich ist, konzentrieren wir uns heute nur auf einen Sinn – den Geruchssinn – und alles, was sprachlich dazugehört.

Dante Alighieris adlerhafte Nase war berühmt-berüchtigt. (Bild: Wiki Commons)


Alleine für das Riechen gibt es zahlreiche Begriffe: So kann man an einem Duft schnuppern oder schnüffeln; und auch im übertragenen Sinn kann man in eine Sache "hineinschnuppern", also: nur mal ausprobieren und schauen, ob es einem gefällt. Hunde oder andere olfaktorisch bewanderte Tiere können eine Beute wittern, also anhand ihres Geruchs erkennen. Das hat nichts mit twittern zu tun – so gut wie Hunde können Vögel nämlich nicht riechen. Aber immer der Nase nach: Geruch ist der neutrale Ausdruck – Duft heißt es, wenn es gut riecht, und Gestank, wenn es schlecht riecht. So findet man etwas super, wenn man sagt: "Das find ich dufte." Und wenn eine Sache "zum Himmel stinkt", dann stimmt daran irgendetwas nicht.

Für die Nase gibt es auch einige spezifischere Bezeichungen. "Nimm deinen Rüssel da weg." könnte beispielsweise der Situation entstammen, dass ein Kind seine Nase über den Herd hängt, während die Mutter dort am Werkeln ist. Eine besonders große Nase würde man – je nach Form – einen "Zinken" oder eine "Knolle" nennen, was folglich schnell beleidigend wirken kann. Auch "Riecher" sagt man nicht selten, wobei auch damit die Intuition gemeint sein kann. ("Er hat dafür wirklich einen guten Riecher.")

Liste berühmter Nasen:
  • Pinocchio (lang)
  • Cleopatra (groß/schön)
  • Michael Jackson (operiert)
  • Sphinx (abgefallen)
  • Jean-Baptiste Grenouille, Romanfigur aus Patrick Süskinds "Das Parfum" (extrem gut)

Nunja, nicht alle dieser Persönlichkeiten konnten sich mit ihrem Riecher eine goldene Nase verdienen und so manch einer – Pinocchio allen voran – hatte von dem Trubel um sein Riechorgan die Nase schon gestrichen voll. Da helfen nur Taschentücher.

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ganz von Sinnen: verrückt, durchgedreht; (out of one's senses)

Gleichgewicht, das: Gefühl für Positionsänderungen des Körpers im Raum; (equilibrium)

Körperempfinden, das: Gefühl für Lage, Kraftzustand und Bewegung des eigenen Körpers;

Volksmund, der: Umgangssprache; (colloquial language)

Intuition, die: inneres Gefühl; (intuition)

adlerhaft: wie von einem Adler; (like an eagle)

berühmt-berüchtigt: (ironisch) durch zweifelhafte Taten große Bekanntheit erlangt; (notorious)

olfaktorisch: den Geruchssinn betreffend; (olfactory)

bewandert: begabt, versiert; (well-versed)

twittern: eine Nachricht über Twitter schicken, englisch für zwitschern (das Singen von Vögeln);

immer der Nase nach: immer dem (guten) Geruch folgen, z. B. in die Küche (hier gemeint: immer der Reihe nach = eins nach dem anderen); (following one's nose)

Rüssel, der: lange Nase von Tieren wie dem Elefanten, dem Nasenbären oder manchen Insekten; (trunk, snout)

werkeln: arbeiten; (to work)

sich mit etwas eine goldene Nase verdienen: mit etwas viel Geld verdienen; (to make a mint of money)

Trubel, der: viel Trara, viel los, hier: oft im Gespräch; (hurly-burly)

Riechorgan, das: Nase; (olfactory organ)

die Nase (gestrichen) voll haben von etwas: eine Sache (sehr) überdrüssig sein; (to have had enough)

Sonntag, 17. Februar 2013

Zieh-mich-unter und Zieh-mich-hoch

Bei diesem Wetter muss man nicht nur etwas über- sondern auch etwas unterziehen. Aber statt sich ein Feinripp-Unterhemd unterzuziehen und eine dicke Jacke überzuziehen (Betonung hier: überziehen), kann man auch im Warmen bleiben und sich in der Küche zu schaffen machen.

Denn auch dort kann man Dinge unter- und überziehen: Einen Gugelhupf überzieht man mit Schokoladenglasur (Betonung hier: überziehen), und bei der italienischen Nachspeise der italienischen Nachspeisen, dem Tiramisu, zieht man auch etwas unter. Eischnee nämlich. Womit wir erneut beim Wetter wären.

Für triste Wintertage und dicke Pullis ideal:
Das besonders fruchtige Tiramisu



Man nehme:
  • Für die Mascarpone-Creme:
    50 g Zucker
    2 Eigelb
    250 g Mascarpone
    abgeriebene Zitronenschale
    2 Eiweiß
    1 Prise Salz
    1 EL Zucker
  • Für die Himbeerschicht:
    1 Packung (evtl. gefrorene) Himbeeren
    1 EL Zucker
  • Für die Knusper-Keksschicht:
    50 g (französische Butter-)Kekse
    25 g Butter
    20 g Zucker
  • Für die Löffelbiskuit-Schicht:
    1 Packung Löffelbiskuit
    1 Tasse Espresso
Man mache:
  1. Himbeeren wenn nötig auftauen und dann mit einer Gabel zermanschen. 1 EL Zucker unterrühren.
  2. In einer großen Schüssel 50 g Zucker und 2 Eigelb cremig rühren. Mascarpone und Zitronenschale darunterrühren. In einem Rührbecher mit dem Rührgerät die zwei Eiweiß mit 1 Prise Salz und 1 EL Zucker steif schlagen (→ Eischnee). Den Eischnee unter die Mascarpone-Masse ziehen, d. h. vorsichtig seitlich unterheben, damit es schön luftig bleibt.
  3. Kekse zerbröseln, Butter in einem kleinen Topf auf niedriger Temperatur schmelzen. Zucker und Kekse in die Butter geben. Umrühren und abkühlen lassen.
  4. Espresso in eine Schale gießen. Löffelbiskuit bereit halten. Denn jetzt wird geschichtet!
  5. In einzelne Gläser oder in eine große Form (aus Glas oder Keramik) schichtweise Kekse, Mascarpone-Creme, in Espresso getauchte Löffelbiskuits und Himbeeren schichten, bis alles aufgebraucht ist. Ein paar Stunden in den Kühlschrank stellen.
  6. Essen.
Wen der lange Winter runtergezogen hat, der wird von diesem Tiramisu auf jeden Fall wieder hochgezogen. Denn wörtlich heißt das Tiramisu (Tira-mi-su) soviel wie "Zieh-mich-hoch". Ob sich das auch im Italienischen auf die Laune bezieht, bleibt allerdings offen.

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Feinripp-Unterhemd: warme Unterwäsche für den Oberkörper; (undershirt made of cotton, "wife-beater")

sich (an einem Ort oder an einer Sache) zu schaffen machen: tätig werden, arbeiten; (to tamper with sth.)

Gugelhupf, der: ein runder Kuchen mit Loch in der Mitte;

Schokoladenglasur, die: Außenschicht aus Schokolade für Kuchen oder Kekse; (chocolate glazing)

Nachspeise, die: Dessert, Nachtisch; (dessert)

Eischnee, der: luftig geschlagenes Eiweiß; (beaten egg whites)

trist: traurig; (sad)

Eigelb, das: das Gelbe vom Ei; (egg yolk)

Mascarpone: gibt's beim Quark, Joghurt usw. im Kühlregal;

geriebene Zitronenschale: fein geraspelte Zitronenschale; (lemon cest)

Eiweiß, das: das Transparente bzw. Weiße vom Ei; (egg white)

Prise, die: Menge, die zwischen drei Finger passt; (pinch)

Knusper-: etwas, das eine harte Konsistenz hat (z. B. Knusper-Müsli); (crispy)

Löffelbiskuit: bestimmte Art von Keksen (gibt's in der Keksabteilung); (ladyfingers)

auftauen: etwas Gefrorenes wieder flüssig machen, meist durch Wärmezufuhr; (to defrost)

zermanschen: (ugs.) zu einem Brei zerdrücken; (to squash)

zerbröseln: zerkrümeln, in kleine Stückchen brechen; (to

bereit halten: schon mal hinlegen, da man es gleich braucht;

schichten: eine Schicht auf die nächste Schicht legen; (to layer)

schichtweise: Schicht für Schicht; (in layers)

tauchen: in eine Flüssigkeit halten; (to dip)

aufgebraucht: leer, alle, weg; (used up)

runtergezogen werden: (hier) leicht depressiv werden; (to be dragged down)

hochgezogen werden: (hier) wieder gute Laune bekommen; (to be pulled up)

Sonntag, 10. Februar 2013

Von X nach U

Sprachenlernen mit Vokabellisten ist langweilig und veraltet. Trotz dieser einleuchtenden Binsenweisheit wird das aber erstaunlich häufig versucht. Dabei gibt es etwas viel Besseres: Assoziationsketten.


Eine Assoziationskette geht so: Man fange bei einem Wort an, z. B. Apfel. Woran erinnert dich das? Zum Beispiel an eine Birne. Eine kurze Assoziationskette könnte wie folgt lauten: Apfel - Birne - Obst - Garten - Wiese - Hängematte - Schlafen.

Noch besser geht es mit Sätzen:



Es ist Sonntag Mittag. Mitten im Wald steht ein Baum. Bauen wir doch ein Baumhaus und hauen uns dann aufs Ohr. Ich habe einen Ohrwurm. Die Würm ist ein Fluss. Das ganze Leben ist ein Fluss. Panta rhei. Die neue Platte von Pantha Du Prince ist da. Prinzessin auf der Erbse schläft schlecht. Ich bin kein Erbsenzähler, ich bin ein Geschichtenerzähler. Schicht legt sich auf Schicht bis hinein in die Nachtschicht und dann ist Schicht im Schacht. Wir graben den Schacht von Babel, den ganzen Weg rückwärts. Im Dunkel der Sprachverwirrung. Gedankenverirrung.



Natürlich kocht man so im eigenen Saft, wenn man diese Übung alleine macht. Im besten Fall kommt man auf Wörter, die man selten benutzt. Wenn man das allerdings zu zweit macht, kann man nicht nur viele Dinge vom und über den anderen lernen, sondern auch viel Spaß haben.
Ohne passenden Partner dagegen könnte man "Assoziationskette" googlen und auf eine Seite wie diese gelangen: Assoziationskette.de. Hier kann jeder einfach auf das letzte Wort einer einzigen Assoziationskette seine eigene Assoziation antworten. So geht das dann immer weiter. Auf der Internetseite seht ihr die letzten 5 bzw. 50 Assoziationen. Obendrein gibt es die gesamte Kette als txt-Datei zum Download für die U-Bahn-Lektüre.

Apropos U-Bahn:



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einleuchtend: logisch, nachvollziehbar; (obvious)

Binsenweisheit, die: allgemein bekannte Tatsache; (truism)

erstaunlich: hier: sehr; (astonishingly)

sich aufs Ohr hauen: sich schlafen legen; (to take a nap, to hit the pillow)

Ohrwurm, der: Lied, das einem nicht mehr aus dem Kopf geht; (earworm)

Panta rhei.: (griech.) Alles fließt.;

Platte, die: hier: CD, LP; (album)

Prinzessin auf der Erbse, die: Märchen vom verwöhnten Mädchen; (princess and the pea)

Erbsenzähler, der: pedantische Person; (nitpicker)

Schicht, die: Lage; (layer)

Nachtschicht, die: Menschen, die nachts arbeiten; (night shift)

Schicht im Schacht: zu Ende sein;

Schacht, der: langer Hohlraum, z. B. Lüftungsschacht in Gebäuden; (shaft)

Verwirrung, die: Kuddelmuddel, Konfusion; (confusion)

Verirrung, die: vom Weg abkommen; (to get lost)

im eigenen Saft kochen: keine Informationen von außen bekommen;

obendrein: noch dazu; (additionally)

U-Bahn-Lektüre, die: was man in der U-Bahn liest;


Samstag, 2. Februar 2013

Reimchen schüttel Dich

Schütteln lässt sich vieles. Am häufigsten begegnet man dem Verb wohl in der Redewendung „den Kopf schütteln“, wo es das Gegenteil von Nicken bedeutet: Man drückt so stumm seine Ablehnung aus.

Ein Hund schüttelt sich Wasser aus dem Fell
Kopfschütteln ist die Geste für „Nein“. Das gilt jedoch nicht für alle Kulturen und könnte etwa in Bulgarien, Albanien, Griechenland oder Indien zu Missverständnissen führen, denn dort zeigt man durch Kopfnicken seine Ablehnung.
Es ist übrigens gar nicht so einfach, den Kopf zu schütteln und dabei „Ja“ zu sagen oder zu nicken und „Nein“ zu sagen, wenn man es anders herum gewohnt ist. Probiert es mal aus.

Ein Barmann schüttelt die Zutaten eines Cocktails in einem Shaker. Wenn jemand „mit Kopfschütteln auf etwas reagiert“, dann wundert er sich oder kann etwas gar nicht verstehen. Ein Wodka-Martini gerührt? Darüber kann James Bond bloß den Kopf schütteln, denn er trinkt ihn nur geschüttelt. Vielleicht schüttelt er sich auch vor Lachen, wenn man ihm diese Frage stellt. Oder er muss er sich allein schon beim Gedanken an einen gerührten Martini vor Abscheu schütteln.

Um nicht mühsam Apfel für Apfel vom Baum pflücken zu müssen, kann man diesen schütteln und das Fallobst anschließend vom Boden auflesen. Apropos mühsam, apropos schütteln, apropos lesen: auch Wörter lassen sich durchschütteln, um aus ihnen Gedichte mit Schüttelreimen zu machen.

Der Schüttelreim ist eine Reimform, bei der die (Anfangs-)Konsonanten der letzten beiden betonten Silben miteinander vertauscht werden.

aus Wikipedia

Schüttelreime sind oft sehr lustig, weil sie scheinbar Unvereinbares oder Weitauseinanderliegendes durch den Reim miteinander verbinden. Geschüttelt zu reimen verstand der Dichter Erich Mühsam so meisterlich wie kaum ein zweiter. Von ihm stammen die folgenden Verse:

Erich Mühsam (1878-1934)
Der ist ein großer Schweinehund,
dem je der Sinn für Heine schwund.

Wird noch vom Dichterwert geschwätzt?
Oh nein! Jetzt wird das Schwert gewetzt.

Es wird sogar schon sehr gewetzt

und sich damit zur Wehr gesetzt.

Der Sänger singt am Weiher leise,

doch singt er etwas leierweise.

Mein kleines Mädchen reibt sich leise

Das Aug’, wenn ich nach Leipzig reise.

Mit einem starken Schweden ringen,

Ist nicht so leicht wie Reden schwingen.

(Quelle der Schüttelreime: Projekt Gutenberg)

Noch mehr Schüttelreime von Erich Mühsam gibt es hier.

PS: Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag. :)

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Nicken: Kopf nach oben und unten bewegen; (nodding)

stumm: ohne etwas zu sagen; (mute)

Abscheu, die: Ekel; (discust)

mühsam: anstrengend; (arduous)

pflücken: vom Baum abmachen (to pick)

Fallobst, das: (durch den Wind) heruntergefallene Früchte; (windfall)

auflesen: aufsammeln; (to collect)

Schüttelreim, der: (spoonerism)

Unvereinbare, das: etwas, das nicht zusammen passt; (incompatible)

verstehen (zu): beherrschen; (to know about)

Schweinehund, der: hier: schlechter Mensch;

schwund (schwinden): (langsam) vergehen; (to fade away)

schwätzen: (ugs.) reden; (to chat)

Schwert, das: Waffe; (sword)

wetzen: schärfen, scharf machen; (to sharpen)

Weiher, der: kleiner See; (small lake)

leierweise: hier: schlecht;

ringen: kämpfen; (to fight)

Reden schwingen: schlau daherreden, Monologe halten;